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Cecilia Barbetta

María Cecilia Barbetta wurde 1972 in Buenos Aires, Argentinien, geboren und wuchs in dem Viertel Ballester auf. Sie kam 1996 nach Berlin und blieb. Schon ihren ersten Roman, »Änderungsschneiderei Los Milagros« (2008), schrieb sie auf Deutsch. Er wurde mit wichtigen Preisen ausgezeichnet, darunter dem aspekte-Literaturpreis (2008) und dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis (2009). Bereits vor dem Erscheinen des zweiten Romans wurde ein Abschnitt aus einem neuen Romanmanuskript mit dem renommierten, von Günter Grass gestifteten Alfred-Döblin-Preis (2017) geehrt. „In dem Romanprojekt ‚Bloody Mary‘ verschränkt sie“, laut Jury-Begründung, „auf so kunstvolle wie leichthändige Weise die Geschichten kleiner Leute in einem Vorort von Buenos Aires mit der großen Geschichte am Vorabend der argentinischen Militärdiktatur. In ‚Bloody Mary‘ trifft Spiritismus auf Politik, treffen tote Wellensittiche auf blutende Marienstatuen und weinende Zeitungshändler. Ein so furioses wie kühnes Unterfangen, in dem selbst die Mumien lebendig scheinen.“ Am Mittwoch, den 26. September 2018 wird sie um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus dem abgeschlossenen Roman lesen, der jetzt den Titel „Nachtleuchten“ trägt. Er steht auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, der zu Beginn der kommenden Frankfurter Buchmesse verliehen wird.

Als Kind har María Cecilia Barbetta die Militärdiktatur in ihrem Heimatland erlebt, ohne schon zu realisieren, was da vor sich ging: zahllose Tote, Verschwundene, Ausgewanderte. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk hat sie berichtet, wie das Phantastische, das sie in der deutschen Literatur entdeckt habe, sie dazu animierte habe, zu schreiben – auf Deutsch. Die Liebe und das Glücklichsein seien für sie „immer verknüpft mit dem Fremden, immer verknüpft mit der deutschen Sprache, mit dem Verlassen meiner eigenen Welt, auf der Suche nach etwas Eigenem.“ Und das Eigene habe sie dann in Deutschland gefunden, aber auch wieder verknüpft mit dem, was sie hinter sich gelassen habe.

María Cecilia Barbetta erzählt von der gespenstischen Atmosphäre am Vorabend eines politischen Umsturzes. Menschen, die aus der ganzen Welt gekommen sind, haben sich in Buenos Aires eine Existenz aufgebaut. In dem Viertel Ballester kämpfen sie - jeder auf seine Art - für den Aufbruch, die Revolution und eine bessere Zukunft: Teresa und ihre Klassenkameradinnen in der katholischen Mädchenschule ebenso wie Celio, der Friseur in der „Ewigen Schönheit“, oder die Mechaniker der Autowerkstatt „Autopia“. Doch politische Spannungen zerreißen das Land, Aberglaube und Gewalt schleichen sich in die Normalität. Mit einem feinen Gespür für die Poesie des Alltags erzählt María Cecilia Barbetta von der Liebe zum Leben in den Zeiten des Umbruchs.
„Natürlich wird es immer Leser und Kritiker geben, die mit dem Überbordenden in meinem Stil nicht zurechtkommen“, sagt María Cecilia Barbetta in dem besagten Interview: „Es gehört aber auch zu mir, es gehört zu Lateinamerika, es gehört zum Katholizismus, meine Sprache ist blumig und ich habe ein großes Herz für Kitsch.“



Das Künstlerdorf Schöppingen schreibt seine Erfolgsgeschichte fort. Im 20. Jahr seines Bestehens sind über 1500 Bewerbungen eingegangen, davon über 200 für Literatur. Der Literaturverein Münster hat immer wieder mit dem Künstlerdorf zusammengearbeitet. Jetzt hat er eine Stipendiatin eingeladen, die 2008 mit dem renommierten aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet worden ist: Am Donnerstag, den 26. Februar wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei María Cecilia Barbetta aus ihrem ersten literarischen Buch lesen: „Änderungsschneiderei Los Milagros“. Die Autorin - 1972 in Buenos Aires geboren - ist 1996 nach Berlin gekommen und hat eine wissenschaftliche Arbeit über Patrick Süskinds „Das Parfüm“ geschrieben. Jetzt hat sie ihrerseits einen phantastischen Roman geschrieben, dessen Text mit Textilien zu tun hat, kein Wunder, dass irgendwann ein Alphabet der Stoffe buchstabiert wird. Ihr Verlag hat alles getan, um auch das Buch als solches zu einem erlesenen Kunstwerk zu gestalten: Es gibt Abbildungen, die den Text weniger illustrieren als ihn kaleidoskopisch durcheinanderwirbeln, jedem der 33 Kapitel ist ein anderes Schnittmuster zugeordnet.

Der Ausgangspunkt ist so melodramatisch wie in einer klassischen Komödie: Da ist eine sehnsüchtig verträumte Schneiderin in Buenos Aires, Mariana Nalo, deren Gerardo in den USA verschwunden ist, und da ist Analía Moran, die in die Symmetrie der Zahlen und in ihren Roberto verliebt ist und jetzt das aus wertvoller italienischer Seide angefertigte Hochzeitskleid ihrer Mutter ändern lassen will. Und es hat schon etwas von einem kriminalistischen Rätsel, wie sich die Lebensgeschichten der beiden Frauen zu „umgarnen“ und zu „verknäulen“ beginnen. Das Nähen, um das es auf der Handlungsebene jedenfalls auch geht, erweist sich als eine Metapher für ein Schreiben, dem kein literarisches Register zwischen magischem Realismus und konkreter Poesie fremd ist. Ja, María Cecilia Barbetta ist eine äußerst belesene Autorin, und so ist der Schauplatz des Romans gleichzeitig ein Echoraum der Weltliteratur: patchworkhafte Anspielungen auf Shakespeare und Jules Verne – und auf "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll. Ein Kleid von einem Buch: „einfach exquisit, ein seltener italienischer Stoff, komplett Handarbeit, kostbare Stickereien, edle Spitze, ich habe noch nie Vergleichbares in der Hand gehalten.“