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Sigrid Löffler

Die Stadt Münster zeichnet im Rahmen ihres traditionsreichen Lyrikertreffens seit 1993 Dichter und ihre Übersetzer mit einem Preis aus, der 2011 erstmals über den europäischen „Tellerrand“ hinaus blickte und im Jahr 2013 dem karibischen Dichter Derek Walcott und seinem Übersetzer Werner von Koppenfels zuteil wurde. Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, eine Autorin einzuladen, die mit ihrem neuen Buch sich jenen Schriftstellern zugewandt hat, die infolge von Entkolonialisierung und Globalisierung ihre Identität auch außerhalb ihrer Herkunftsländer – und außerhalb ihrer Muttersprache suchen mussten. Im übrigen hat der Münsteraner Sprach-und Literaturwissenschaftler Harald Weinrich einer Facette dieses Phänomens schon vor fast 30 Jahren Aufmerksamkeit geschenkt, als er die Initiative zu dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ergriff, einer Auszeichnung für deutsch schreibende Autoren nicht deutscher Muttersprache. Es ist also die Literatur der Migranten, die auch in Deutschland zunehmend Aufmerksamkeit findet.

Am Mittwoch, den 5. März 2014 wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei Sigrid Löffler aus ihrem Buch lesen. „Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler.“ Die 1942 in Aussig bei Wien geborene Sigrid Löffler ist eine der einflussreichsten Journalistinnen und Literaturkritikerinnen des deutschsprachigen Literaturbetriebs. Immer wieder – nicht zuletzt im legendären Literarischen Quartett – hat sie eine Tapferkeit gezeigt auch vor dem Freund. Kontroversen um der Sache willen focht so kämpferisch wie kenntnisreich aus. Sie ist letztlich die einzige Person gewesen, die den Mut gehabt hat, auch Marcel Reich-Ranicki zu widersprechen. Als es im Jahr 2000 zum Zerwürfnis kam, dümpelte die über viele Jahre äußerst populäre Literatursendung noch anderthalb Jahre dahin.

Jetzt hat Frau Löffler ein Buch vorgelegt, das sich mit Belesenheit und Temperament der Literatur der Migranten befasst: „Migration hat meist wenig mit dem Glück multikultureller Selbst-Intensivierung und der Lust an der Ich-Bereicherung (…) zu tun. Viel öfter ist Migration eine Erfahrung des Mangels. Geschrieben wird daher auch über die Leiden am Selbstverlust in der Fremde, über den Schock der Verstädterung, über fehlgehende oder verhinderte Integration, über Fremdheitsgefühle und verlorene Identität. Doch gerade in der Beschreibung der Defizite werden auch die Umrisse eines Hoffnungsmodells erkennbar: Erahnbar werden die Chancen eines friedlichen Zusammenlebens in Menschenwürde und Toleranz.“

Die Schriftstellerin Ruth Klüger hat ihre Leseerfahrung gegenüber der Autorin so ausgedrückt: „Ich muss gestehen, dass ich nur sehr wenige der von Dir genannten und besprochenen Autoren gelesen habe, aber doch einige, sodass ich ermessen kann, wieviel ich versäumt habe oder vielmehr wieviel es hier noch zu lesen gibt, worauf man sich freuen kann. Du hast aber auch einen zupackenden Blick, der sich durch keinerlei Anfälle von Rührung aus der Fassung bringen lässt. Das gibt dem Ganzen eine feste Form, für die natürlich Dein bekannter zügiger Stil ausschlaggebend ist. Allerdings ist das Weltbild, das in „Deinen“ Romanen enthalten ist, ja nicht besonders aufmunternd und bestätigt damit nur meinen zunehmenden Pessimismus. Was Du an Optimismus anbietest, ist lediglich die Freude, dass es so viele gute Bücher gibt. Da wirkst Du sehr überzeugend. Ich gratuliere Dir zu dem Buch!“