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Moshe Kahn

Moshe Kahn präsentiert seine Übersetzung des Romans „Horcynus Orca“ von Stefano D’Arrigo am 16. März 2015 in der Stadtbücherei.

Zwei charismatischen Literaten – einem Verleger und einem Übersetzer – ist es zu verdanken, dass eines der letzten unentdeckten Werke der literarischen Moderne – vergleichbar nur mit Romanen von Joyce, Kafka, Musil, Proust – nicht nur ins Deutsche, sondern überhaupt erstmals übersetzt worden ist. Der Verleger ist Egon Ammann, der das Buch ursprünglich selbst hatte herausgegeben wollen und es jetzt an den S. Fischer-Verlag vermittelt hat, und der Übersetzer ist Moshe Kahn, der in diesem Jahr mit dem deutsch-italienischen Übersetzerpreis ausgezeichnet (und für den Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse nominiert) worden ist. Leider hat Egon Amman seine Teilnahme absagen müssen, und so wird Moshe Kahn am Montag, den 16. März 2015 um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei den Roman „Horcynus Orca“ vorstellen, ein fast 1500 Seiten umfassendes Epos, das sein Autor Stefano D’Arrigo (1919-1992) nach jahrzehntelangen Überarbeitungen 1975 veröffentlichte. Im Monat März 2015 steht der Roman auf Platz 2 der SWF-Bestenliste.

Moshe Kahn (Jahrgang 1942) studierte Altorientalistik, Philosophie und Rabbinische Theologie in Deutschland, Italien und Israel. Er war Regieassistent an der Deutschen Oper am Rhein, später in Italien u. a. bei Luchino Visconti. Im Jahr 1976 veröffentlichte Kahn zusammen mit Marcella Bagnasco die erste Übersetzung von Gedichten Paul Celans ins Italienische. Seit 1987 übersetzte er zahlreiche italienische Autoren ins Deutsche, u.a. Primo Levi, Pier Paolo Pasolini, Andrea Camilleri. Seine Begegnung mit „Horcynus Orca“ geht auf das Jahr 1975 zurück.

Diese „moderne Odyssee“ mit ihrer archaisierenden Verfremdung der Sprache stellt höchste Anforderungen an den Übersetzer, Moshe Kahn hatte es sich fast zur Lebensaufgabe gemacht, für das sizilianische Italienisch mit seinen bildstarken und metaphernreichen Dialekten und erdigen Phonemen eine Entsprechung zu finden, die den großen Wurf des Romans, seine sprachliche Finesse und seine weiten Anspielungsräume lebendig werden lässt. In der Jurybegründung zum Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis heißt es: „Moshe Kahn gelingt eine schöpferische Nachgestaltung im Deutschen. Es ist eine Pionierleistung, durch die ein bedeutender Schriftsteller erstmals zugänglich gemacht wird.“

Die Landschaften um die Straße von Messina bilden die Brücke zwischen den Mythen der Antike und der Gegenwart. Hier, zwischen Skylla und Charybdis, hörte Odysseus den Gesang der Sirenen. Und genau zu diesem Ort, seinem Zuhause, ist Stefano D'Arrigos Held unterwegs. Die Handlung des Romans umfasst lediglich vier Tage: Ein 1943 nach dem Zusammenbruch der Marine heimkehrender Matrose erfährt, was der Krieg aus den Menschen gemacht hat. Eine geheimnisvolle Frau hilft dem Fischer ohne Boot über die Meerenge, aber letzten Endes ist es eine Heimkehr mit tödlichem Ausgang.
Hubert Spiegel im Deutschlandfunk: „Es wäre falsch, fahrlässig, kleinmütig, schwerhörig, blindäugig und unangemessen, über dieses Buch ohne eine gehörige Prise Pathos sprechen zu wollen: Was für ein Werk, was für eine Entdeckung!“