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Dag Solstad

Am Donnerstag, den 20. Januar wird Dag Solstad um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus "Elfter Roman. Achtzehntes Buch" lesen, in Norwegen bereits 1992 erschienen, jetzt der erste ins Deutsche übersetzte Titel.

Es ist der faszinierend düstere Roman über einen Mann Mitte Fünfzig, der - halb zog es ihn, halb sank er hin - in eine Liebesunordnung geraten ist. Er hat eine Karriere aufgegeben, er hat seine Familie verlassen, seine Geliebte hat sich von ihm getrennt, und er macht falsch, was nur falsch zu machen ist. Zu Beginn des Romans steht er an einem Bahnsteig und wartet auf seinen Sohn, aber auch mit ihm ist eine existentielle Kommunikation nicht möglich. Alles ist sinnlos, und der finale Plan, den er zusammen mit seinem (drogenabhängigen) Arzt ausheckt, um seinem tristen Leben zu entkommen, ist so grotesk, daß er die Sinnlosigkeit des Ganzen nicht beendet, sondern gleichsam parodiert. Hansen ist ein kraus belesener Mann, einmal werden die Bücher aufgezählt, die er bei seinem Auszug mitnimmt: "Dostojewskij. Puschkin. Thomas Mann. Céline. Borges. Tom Kristensen. Marquez. Proust. Singer. Heinrich Heine. Malraux, Kafka, Kundera, Freud, Kierkegaard, Sartre, Camus, Butor." Und an seinem neuen Wohnort inszeniert (und verfehlt) er mit Laienschauspielern Ibsens "Wildente", das Stück über die Lebenslüge. (Im nächsten Jahr wird Norwegen Ibsens 100. Todestag feiern, so gewinnt der Roman neue Aktualität.)

Solstads Kunst ist es, den Leser immer wieder Spurenelemente der genannten Autoren finden zu lassen, ohne ihn mit direkten Anspielungen zu düpieren oder zu langweilen. Sein Erzähler betrachtet den Helden aus großer Ferne - so, als hätte dieser Empathie oder gar Mitleid nicht verdient. Die "Süddeutsche Zeitung" hat Solstads Absicht und Wirkung präzise bestimmt: "Im 'Elften Roman' erzählt er mit trügerisch unspektakulären Mitteln eine Geschichte, die in ihrer Alltäglichkeit zunächst fast einlullend wirkt, dabei aber den Leser festhält wie der Fliegenleim das Insekt, um ihn am Ende in die grenzenlose Freiheit der Sinnleere zu befördern."