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Hans Pleschinski

Anfang des letzten Jahres hat er beim Literaturverein Münster aus dem „Geheimen Tagebuch des Herzogs von Croy“ gelesen, das unter dem Titel „Nie war es herrlicher zu leben“ erschienen ist; Studien hatten Pleschinski auch in das Archiv des heutigen Herzogs von Croy in Dülmen geführt. Das Buch ist nicht nur ein großer Erfolg beim Publikum und der Kritik gewesen. Weil Pleschinski sich mit der Übersetzung und Herausgabe jenes Diariums aus dem 18. Jahrhundert um die französische Kultur verdient gemacht habe, ist er in den ehrenwerten französischen „Ordre des Arts et des Lettres“ aufgenommen worden. Jetzt hat der Autor ein Werk vorgelegt, in dem sich die biographische und historische Recherche aufs Geistreichste mit der literarischen Fiktion verbinden. Am Mittwoch, den 23. Oktober 2013 wird Hans Pleschinski um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus seinem Roman „Königsallee“ lesen. In ihm widmet sich der 1956 in Celle geborene Autor einer Episode aus dem Leben eines der großen deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Im Sommer 1954 – ein Jahr vor seinem Tod – kommt Thomas Mann zusammen mit seiner Frau Katia nach Düsseldorf, um aus "Felix Krull" zu lesen, der sich zum Bestseller entwickelt. In seinem Hotel, dem „Breidenbacher Hof“, ist zufällig auch ein Klaus Heuser, auf Heimaturlaub aus Asien, mit seinem Freund Anwar abgestiegen. Jener Klaus Heuser, den Thomas Mann 1927 auf Sylt kennengelernt hatte: „An diesem erschütternden Meere habe ich tief gelebt.“ Er gehört zu Thomas Manns großen Lieben, und (nicht nur) in der der Titelfigur seines Romans „Joseph und seine Brüder“ hat Mann ihn literarisch verewigt. Nun sorgt die mögliche Begegnung der beiden für größte Unruhe in seiner Begleitung, zusätzlich zu dem Aufruhr, den der Besuch des ins Exil gegangenen Nobelpreisträgers im Nachkriegs-Deutschland ohnehin auslöst.

Anschaulich und lebendig erzählt Hans Pleschinski in diesem großen Roman von Liebe und Leid, Sehnsucht und Verantwortung - und von der Literatur im öffentlichen Raum. Er stützt sich bei seinem literarischen Gedankenspiel auf reale Vorkommnisse und bisher unbekannte Dokumente. Mit feiner Ironie spielt er auf "Lotte in Weimar" an, den Roman, darin Thomas Mann des alten Goethes Wiederbegegnung mit der Frau heraufbeschwört, in die sich einst sein Werther so sterblich verliebt hatte. „Es ist wie in einem Kammerspiel“, hat Pleschinski in einem Interview gesagt: „Der Schauplatz ist das Hotel. Die Familie Manns, Katja, Erika, Golo, alle sind vor Ort und alle sind in Aufruhr und beunruhigt. Wird es zu einem Treffen des ehemals liebenden Autors mit dem ebenfalls gereiften Heuser kommen, der als schöner Jüngling in einer Romanfigur weiterlebt? Ist es überhaupt wünschenswert? Und wie wird das Treffen verlaufen? Darum geht es in ‚Königsallee‘.“ Gleichwohl sei der Roman mehr als ein Wiedererkennungsspaß für Thomas-Mann-Fans und solche, die es werden möchten, so Wolfgang Schneider im Deutschlandradio: „Er bietet darüber hinaus das Sittenbild einer Zeit, die zwischen demokratischer Zukunft und diktatorischer Vergangenheit manchen Balanceakt zu vollbringen hatte. Der Nobelpreisträger soll in Düsseldorf eine Art Exorzismus betreiben: Wo er eine Rede hält, da ist der Segen der Demokratie präsent, und auch die Handelsbeziehungen profitieren. Pleschinski trifft den Geist der Fünfziger Jahre: Aufbau und Bemühung, Verdrängung und Fauxpas.“



Im Herzoglich Croÿschen Hausarchiv in Dülmen hat er sich den Schatz erschließen können: die von ihrem Verfasser autorisierten Handschriften eines französischen Tagebuchs aus dem 18. Jahrhundert. Am Mittwoch, den 25. Januar 2012 wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei Hans Pleschinski, der Herausgeber und Übersetzer, aus diesen Aufzeichnungen lesen, die unter dem Titel „Nie war es herrlicher zu leben. Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ“ im letzten Jahr erschienen sind. Pleschinski, 1956 geboren, lebt als freier Autor in München. Er hat Romane und Erzählungen geschrieben, sich aber immer wieder mit kulturgeschichtlichen Themen befasst; so erscheint jetzt aus aktuellem Anlass eine Neuausgabe seiner Edition des Briefwechsels zwischen Voltaire und Friedrich dem Großen.

Der Verfasser des „geheimen Tagbuchs“, Herzog Emanuel von Croÿ (1718–1784), stammte aus einer altadligen Familie französisch-deutschen Ursprungs, war Landbesitzer, ranghoher Militär, Beobachter und Chronist seiner Zeit. Er interessierte sich insbesondere für Literatur, Architektur sowie das Theater. Er war nicht nur ein produktiver Autor von Essays und Pamphleten, sondern auch ein besessener Tagebuchschreiber, von dem tausende Seiten seines Tagebuchs seit 1740 überliefert sind. Hans Pleschinski hat das Journal, das man auch als einen üppigen Roman lesen könne, übersetzt, herausgegeben und kenntnisreich kommentiert. Das Buch ist von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen worden und liegt bereits in zweiter Auflage vor. Es stellt tatsächlich eine reiche, in mancher Hinsicht einzigartige Fundgrube dar für das politische wie das gesellschaftliche, das private und das höfische Leben im Frankreich und Deutschland des 18. Jahrhunderts. Es endet mit der „Stille vor dem Sturm“, ein paar Jahre vor der Französischen Revolution.

Farbig und anschaulich erzählt der Herzog von Begegnungen mit Voltaire oder Benjamin Franklin oder den Brüdern Montgolfier; er liefert Porträts von Madame de Pompadour und Marie Antoinette, schildert drastisch die Hinrichtung eines Attentäters und das Sterben Ludwigs XV. Aber der Diarist ist nie nur Zeitgenosse und Zuschauer. Durchaus unverblümt – und deshalb mag das Attribut „geheim“ zutreffen – spricht hier jemand mit Ambitionen – einer, der für seine Karriere auf Beziehungen aus ist und diese Beziehungen ehrgeizig instrumentalisiert …

Das Tagebuch ist ein in seiner Präzision und Welthaltigkeit unschätzbares Dokument einer untergegangenen Epoche. In ihm finden sich auch ein paar Bemerkungen zu einem Ort, der nicht untergegangen ist: „Die Stadt Münster ist groß und schön. Die meisten Häuser haben nur ein Stockwerk. Sie ist nicht so volkreich, wie sie im ersten Moment scheint, und zählt nur zehntausend Seelen. Sie hat sieben Stadttore. Das Saint-Gilles-Tor linker Hand der Zitadelle führt nach Dülmen. Sie nennen Gilles hier Ägidius.“