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Hermann Parzinger

„Blicken wir auf die derzeitigen Ereignisse in unserem Land wie auch in vielen Teilen der Welt, insbesondere im Nahen Osten, so kann von dem unbedingten Willen zu einem Dialog der Kulturen und der Religionen wahrlich keine Rede sein. In Teilen Syriens und des Irak verfolgt der so genannte ‚Islamische Staat‘ (IS) Christen und andere islamische Glaubensrichtungen, die sich nicht dem Diktat seiner eigenwilligen Religionsauslegung unterwerfen. Die Verheerungen machen dabei selbst vor der eigenen Kultur nicht halt.“ – Diese besorgte Stellungnahme stammt von dem Prähistoriker Hermann Parzinger, der seit 2008 als Präsident die Stiftung Preußischer Kulturbesitz leitet und vor wenigen Wochen von Kulturstaatsministerin Monika Grütters als einer der drei Gründungsintendanten des Humboldt-Forums im neuen Berliner Schloss vorgestellt worden ist.

Der international renommierte Prähistoriker Parzinger hat im letzten Jahr unter dem Titel „Die Kinder des Prometheus“ eine „Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift“ vorgelegt. Am Freitag, den 19. Juni 2015 wird er um 20 Uhr im Theatertreff, Neubrückenstraße 63, aus diesem Werk lesen, das mit Literatur wenig zu hat, aber doch an die Schwelle heranführt, jenseits derer sich auch die Voraussetzungen für so etwas wie ein literarisches Leben entwickeln konnten.

Parzinger verfolgt in diesem grandiosen Werk die Spuren des Menschen vom Australopithecus zum Homo sapiens. Er begleitet ihn auf seinem Weg durch alle Weltteile“ von dessen Urheimat Afrika über Europa und Asien bis in die Inselwelt der Südsee und auf den amerikanischen Doppelkontinent. Er beschreibt die Kunst der Höhlenmaler von Lascaux ebenso wie die Felsbilder der Aborigines oder die ersten Großskulpturen in den Anden. Aber er widmet sich auch den Anfängen von Eigentum und Herrschaft, von Totenkult und Jenseitsglauben in den verschiedenen Kulturräumen der Erde. Es ist ein Buch, das angesichts des Entstehens und Vergehens zahlloser Menschheitskulturen helfen könnte, den modernen Menschen Demut zu lehren. Harald Eggebrecht in der Süddeutschen Zeitung: „Dieses Buch lehrt, altmodisch gesagt, den Prozess der Zivilisation als so dynamischen wie unabschließbaren Vorgang zu begreifen. Das gilt vom Homo erectus, der vor gut 300 000 Jahren bei Schöningen in Niedersachsen Wildpferde mit Speeren jagte, bis zu den modernen Flüchtlingen 2015, die sich an neue Bedingungen anpassen müssen. Es gilt erst recht für jene Eingesessenen, die glauben, hier müsse alles so bleiben, wie es ist. Das ist die größte und falscheste aller Spekulationen. Gerade mit ihr wird und soll vermeintlich rationale Politik gemacht werden. Wer Hermann Parzingers weltweite Geschichte der Prometheuskinder liest, wird das Gefühl ein für alle Mal verlieren, es gebe in Europa oder anderswo eine Insel seligen Wohl- und Stillstands – alle sind unterwegs, allzeit und überall.“
Und in Sachen Unterwegssein werden Hermann Parzingers Befunde wieder interessant für die Literatur: für Lyrik, Prosa, Drama …