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Navid Kermani


Im weitgespannten Werk von Navid Kermani gewinnt ein literarisches Genre zusehends an Gewicht, die journalistisch-literarische Reportage. „Berichte von Städten und Kriegen“ (2003)“, „Reisen in eine beunruhigte Welt“ (2013), „Auf dem Flüchtlingstreck durch Europa“ (2016) – so lauten die Untertitel der drei „Reiseberichte“, die dem neuen Buch vorangegangen sind. In diesem Frühjahr nun erscheint als viertes Buch: „Entlang den Gräben. Eine Reise durch das östliche Europa bis nach Isfahan“. Am Freitag, den 9. März 2018 wird Navid Kermani um 20 Uhr im Rathausfestsaal (Prinzipalmarkt 10) aus diesem Band lesen.

Navid Kermani, geboren 1967 in Siegen, lebt als freier Schriftsteller in Köln. Er ist habilitierter Orientalist und Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Für seine Romane, Essays, Reportagen und Monographien erhielt Navid Kermani unter anderem den Hannah-Arendt-Preis, den Heinrich von Kleist-Preis, den Joseph Breitbach-Preis, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, und im letzten Jahr ist er mit dem Staatspreis NRW ausgezeichnet worden. Navid Kermani sei einer der bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart, so Ministerpräsident Armin Laschet: „Mit seinen zahlreichen Publikationen und viel beachteten Reden, in denen er sich mit Sprache und Literatur, Religion und Politik sowie europäischer Integration, globaler Migration und deutscher Identität befasst, erweist er sich als Intellektueller mit Alltagsrelevanz, der zum Zusammenleben in Nordrhein-Westfalen, Deutschland und Europa wesentlich beiträgt. (...) Er baut Brücken in der durch Zuwanderung vielfältig gewordenen Gesellschaft und lehrt sie den respektvollen und wertschätzenden Umgang mit vielfältigen Ansichten, Überzeugungen und Lebensweisen.“

Kermanis Reise „durch das östliche Europa bis nach Isfahan“ beginnt östlich von Deutschland und erstreckt sich über Russland bis zum Orient. Kermani ist entlang den Gräben gereist, die sich gegenwärtig in Europa neu auftun: von seiner Heimatstadt Köln nach Osten bis ins Baltikum und von dort südlich über den Kaukasus bis nach Isfahan, die Heimat seiner Eltern. Die Reise – im Auftrag des SPIEGEL – führte ihn mitten durch den jüdischen „Ansiedlungsrayon“ der Zarenzeit, die „Bloodlands“ des Zweiten Weltkriegs, am Riss zwischen Ost und West entlang, wo der Kalte Krieg längst nicht zu Ende ist und im Donbass zum heißen Krieg wird. Kermani hat die Trümmer zerstörter Kulturen und die Spuren alter wie neuer Verwüstungen gesehen. Mit wenigen Strichen lässt er das Nachtleben der Großstädte lebendig werden, Geschäfte wie zu Sowjetzeiten, hippe Cafés, die Gelassenheit in Frontnähe und die Angst vor den anderen, wer immer das ist. Vor allem hat er Menschen getroffen, die innerlich zerrissen sind, weil sie sich auf der Suche nach Heimat und Wohlstand auf eine Seite schlagen müssen. Mit untrüglichem Gespür für sprechende Details erzählt Kermani in seinem Reisetagebuch von vergessenen Regionen, in denen auch heute Geschichte gemacht wird.



Vor zwei Jahren hat der 1967 in Siegen als Sohn iranischer Eltern geborene Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani unter dem Titel „Dein Name“ ein Buch vorgelegt, das so etwas ist wie die autobiographische Enzyklopädie eines Lebensabschnittes. Es umfasst mehr als 1200 Seiten, der Klappentext charakterisiert es eher zurückhaltend: „Ein Lebensbuch, ein Totenbuch. Eine Meditation über das Heilige und die Nöte des Alltags. Die Geschichte einer schwierigen Ehe und eines Großvaters in Isfahan. Die Geschichte Irans und die Gegenwart Europas. Krieg und Frieden, heute. Eine Versenkung in die deutsche Romantik, aber auch in Rockmusik und katholische Kunst. Ein Protokoll der Tage eines Schriftstellers, der Navid Kermani genannt wird. Und immer wieder Verzückung und Verzweiflung“. Am Dienstag, den 18. Februar 2014 wird Kermani um 20 Uhr im Theatertreff, Neubrückenstraße 63, aus seinem neuen Roman lesen: „Große Liebe“. Gemessen an seinem Vorgänger ist es eine Kurzgeschichte, deren Quellgrund Kermani so bestimmt: „Gedauert hat die große Liebe, um die mein Gedächtnis so viel Aufhebens macht, keine Woche, gerechnet vom ersten Kuss bis zur Trennung, der Trennungsschmerz natürlich länger, in gewisser Weise bis heute, sonst würde ich nicht unsere Geschichte erzählen.“

Navid Kermani hat, unterstützt von der Studienstiftung des deutschen Volkes, eine Dissertation verfasst mit dem Titel „Gott ist schön“; habilitiert worden ist er im Fach Orientalistik für sein wissenschaftliches und literarisches Werk ist vielfach ausgezeichnet worden ist, so mit der Buber-Rosenzweig-Medaille, dem Hannah-Arendt-Preis und dem Kleist-Preis; er hat im In- und Ausland zahlreiche Gastprofessuren und Lehraufträge wahrgenommen, seit einigen Jahren ist er Co-Gastgeber des Literarischen Salons in Köln und Essen.

Was Kermani in seinem neuen Roman erzählt, ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer wieder neu, auf Kermanis Homepage ist sie so charakterisiert: „Im Laufe von wenigen, viel zu wenigen Tagen erlebt ein Junge, 15, alle Extreme der Verliebtheit, vom ersten Kuss bis zur endgültigen Abweisung. Im Mikrokosmos eines Gymnasiums Anfang der 80er Jahre und vor dem Hintergrund der westdeutschen Friedensmärsche führt Navid Kermani das zeitlose Schauspiel der Liebe in ihrer ganzen Majestät und Lächerlichkeit vor. Die Schilderung der ersten Blicke, Berührungen und Abschiedsbriefe verknüpft er mit den Erzählungen der arabisch-persischen Liebesmystik. Für den Leser öffnet sich ein Gang durch irdische und göttliche Seelenlandschaften, der fast unbemerkt Kulturen und Jahrhunderte überbrückt.“